Wir möchten uns gern bei euch vorstellen.
7. März 2016
Warum wir auswandern #2
19. März 2016

Warum wir auswandern #1

Im Jahr 2012 war klar,

wir werden heiraten. David sagte sofort, aber nicht in Deutschland. Ich war sofort damit einverstanden. Am Frühstückstisch überlegten wir, wo wir uns das Ja-Wort geben wollen. Warm soll es sein, am Strand soll es stattfinden, leichte Atmosphäre, entspannte Leute und im Dezember .. blieb also nicht mehr viel übrig. Seychellen??! Seychellen! Schnell nach der Flugzeit geguckt, 10h30m..

hmm, machen wir das? Schön ist es ja! Ein Nachtflug wäre das. So machen wir’s! Yeaahhyy, gebongt. Also buchten wir alles. Eigentlich wollten wir allein heiraten. Wir hätten auch nicht damit gerechnet, dass ein Teil unserer Familie, unsere Trauzeugen und unser Fotograf doch mitkommen würden. Und wir müssen sagen, es war die schönste Entscheidung, das alle dabei waren.

Nachdem alles geplant war, die Unterkunft für alle stand und unsere Hochzeitsagentur uns tatsächlich in Frankfurt per Mail ausrichten lies, dass es leider ein Missverständnis gab und die Trauung flacht fällt, konnte es ja losgehen…

Jap, unser Gesicht fiel kurzzeitig auf den Boden. Mitten am Flughafen auf dem Weg zum Gate in Richtung Traumhochzeit, kam diese Nachricht. Schnell fingen wir an zu lachen.., was soll’s jetzt auch?? Komm, wir tun einfach so, als würden wir heiraten! Hahahaaa, das war echt unser Ernst! Alle Flüge, Familie, Freunde waren ja gebucht… Du kannst ja nicht einfach abbrechen. Oder, hey, komm, dann verschieben wir das. Ich sagte, Schatz, ich tue nicht so. Ich mach echt viel, aber das, das bringe ich nicht!!

Wir flachsten noch eine Weile rum, wir hatten ja auch viel Zeit dazu. Im Flugzeug schlief Cosmo noch vor dem Start ein und wir hatten nun Zeit und Ruhe, genauer darüber nachzudenken. Wir wussten, dank unserem Optimismus, das wir vor Ort Jemanden finden, der uns trauen würde. Dann war schlafen angesagt. Als der Pilot durch sein Mikrofon blubberte, das wir in 2h auf Mahé ankommen würden und das Wetter “wie immer wäre, heiß, leicht bedeckt, aber es wird sich aufklaren“, wurden wir schlagartig wach. Außer Cosmo, der schlief weiter. Den weckten wir kurz vor Landung. Als wir im Landeanflug waren, konnten wir schon das türkise Wasser, den weißen Sandstrand und den tiefgrünen Regenwald sehen. Die Flugzeugtür ging auf und es flog heiße, feuchte Luft rein. Es roch nach Meer. Diesen Geruch werde ich nie vergessen.

Zugegeben war die heiße Luft in diesem Moment eher unangenehm. Wenn du in der Schlange im Flugzeug stehst, mit dem Kind umgebunden und leicht geduckt, weil dir sonst die Klappe vom Stauraum oben drüber halb im Gesicht hängt, ist das sehr unattraktiv. Da wir ganz vorn saßen war das aber, Gott sei Dank, schnell erledigt. Uns gefiel der Flughafen. Klein und charmant. Überall Palmen. Einheimische, die dich anlachten und im Hintergrund lief Reggae. Keine Hektik zu spüren. Genau das, was wir uns vorgestellt hatten. Wir hatten ein Haus in einem einheimischen Viertel angemietet, etwas oben auf dem Berg. Wir wollten kein Hotel, nichts außergewöhnliches.

Schön, aber ohne Schnickschnack. Das bot uns schon die Insel von ganz allein. Der Weg zum Haus war wie im Trancezustand. Fenster runtergekurbelt im Auto, Cosmo auf dem Schoss mit mir zusammen angeschnallt (ist dort keine Vorschrift, war aber auch kein aufkommendes Gefühl, das es falsch wäre), zwitschernde Vögel. Die Pflanzen waren gefühlt, besonders grün. Leichter, warmer, salziger Geruch vom Meer mit einem Hauch von duftenden Vanilleorchideen in der Nase. Und eben, naja…, laute V8/V12 DIESELMOTOREN. Hahaha. Es war liebe auf den ersten Blick.

Als am übernächsten Tag auch die Familie da war, weihten wir unsere Gäste über unsere nicht mehr vorhandene Hochzeit ein. Wir lachten dann alle darüber. Blieb ja auch nichts anderes übrig. Unsere Gastgeberin, die uns das wunderschöne Haus vermietete, war uns eeecht eine Hilfe. Sofort zur Stelle. Sie hat alles gemanaged. GUYLIANE, danke, danke, danke. Vielleicht wirst du es irgendwann lesen. Dank ihr und ein paar Seychellen Rupie beim Standesamt auf die Hand, konnte am 13.12.2012 entspannt, mit leckerem Dinner danach, geheiratet werden. Man kennt sich halt. Okay, ich wollte ja eigentlich etwas traditioneller heiraten, mit Blumenbogen und Walkway. Aber hey, es ist dann halt ein Plastiktisch aus unserem Restaurant geworden, irgendwo am Strand, hingetragen von unserer Familie selbst. Man muss es halt mit Humor nehmen. David sagt, zum Fünfjährigen bekomme ich einen Blumenbogen, klingt gut. Dann halt in Costa Rica. Was will man mehr? Unsere Familie reiste nach der ersten Woche ab. Worauf wir die zweite Woche, allein mit Cosmo, auf La Digue verbrachten.

Ab hier konnten wir bewusst das Feeling der Einheimischen wahrnehmen. Wir waren auf uns konzentriert. Ohne Auto, nur mit Fahrrad. Ohne Stress. Diese Nächstenliebe zu spüren, gibt einem, so weit man dafür offen ist, sehr viel wieder mit nach Deutschland. Du wirst, obwohl du Tourist bist, zur abendlichen Party am Strand eingeladen. Zeig mir das hier?! Ich bin ursprüngliche Berlinerin. Hier läuft jeder seinen Weg. Hier musst du dich gegenseitig kennen, um Beachtung zu finden. Selbst dann ist die Frage, ob sie ehrlich ist und vom Herzen kommt. Vielleicht abends in der Bar, wenn man schon drei-acht im Turm hat, fällt die Hemmschwelle. Die Menschen dort feiern abends ihren Tag. Gemütlich. Mit der Familie und den Freunden. Sie haben auf dieser kleinen Insel nicht viel. Aber was sie haben, das ist ihre Familie. Die steht dort an erster Stelle. Das hat uns sehr beeindruckt. Wir haben uns sehr dazugehörig gefühlt. Das erdet dich mental so ungemein. Sie helfen sich gegenseitig. Man stolpert nicht über den Nächsten. Wir wussten ab diesem Zeitpunkt, wenn wir auswandern, dann in ein Land mit diesen Eigenschaften.

Als wir wieder in Berlin gelandet waren und ausstiegen, war es wie ein Schlag ins Gesicht. Hektik. Schnelllebigkeit. Die Mundwinkel nach unten gezogen. Demotivierte Gesichter. Das ist keine Übertreibung. Wir wollten glatt wieder umdrehen. Das zieht runter. Wir Deutschen werden mit anderen Prioritäten groß. Hier ist es von klein auf wichtig, gut auf die Schule vorbereitet zu werden, damit du später Jemand bist. Als Kleinkind wirst du frühkindlich gefördert, anstatt einfach Kind zu sein. Und bei der U- Untersuchung sagt man dir dann noch im besten Fall, das dein Kind nur 60 Wörter spricht und leider den SCH-Laut nicht richtig ausspricht. Na dann schnell zum Logopäden. Dein Selbstwertgefühl, und auch das deines Kindes, wird im Nu degradiert. Vom Stellenwert in deiner Nachbarschaft ganz zu schweigen. Das zieht sich bis in das Erwachsenenalter, wo du dann den Job ausführst, den du gar nicht lebst. Wieviele gehen ihrer Arbeit nach, ohne sie zu mögen? Und das ist der springende Punkt, dem kommen wir nicht mit. Nicht mehr, nachdem wir uns belesen, informiert und auch die andere Seite des glücklichseins schätzen gelernt haben.

Hier, in Deutschland, ist der Status wichtig. Was denkst du, wie handelst du, was trägst du. Bist du tätowiert, bist du ein Verbrecher. Vielleicht auch wieder nicht, wenn du einen Anzug trägst. Warum? Ist das wichtig? Ich meine, ich mag es auch mich zurecht zu machen, liebe Wimperntusche und organic Make Up. Auch wenn ich es nicht immer trage. Schließlich hab ich mal als Make Up Artist gearbeitet. Ich mag auch Klamotten. Jedoch nicht mehr so extrem, wie es mal sein musste. Und währenddessen alle im Festtagsrausch leben, beobachten die Obdachlosen einen, wie du konsumgesteuert mit der 5. Tüte aus dem Laden kommst. Oft haben wir ihnen geholfen. Geld gegeben, Essen oder Matratze und Schlafsack gekauft. Und dann wirst du angeguckt, als hättest du grad einen Salto hingelegt. In etwa, wie kannst du nur. Es bringt uns nichts, wenn wir bei Facebook irgendwelche Videos liken, indem Menschen ohne Dach von fremden Geld geschenkt bekommen oder umarmt werden. Und im wahren Leben dann genau an denen vorbei laufen. Cosmo hat bisher sehr stark von dieser Hilfe anderen Menschen gegenüber profitiert. Er sagte dazu: “Ich verstehe das nicht! Warum hat der kein zu hause? Warum muss der im Kalten sitzen? Nehmen wir ihn mit nach hause!“ Ich denke, man sieht daran ganz deutlich, wie warmherzig Kinder sind und was wirklich wichtig im Leben ist. Kinder sind Nachahmer. Alles, was wir ihnen vorleben, wird sie für ihr späteres Leben prägen. Danke für’s lesen.

Pura Vida,

Vivian & David

 

3 Kommentare

  1. Lars sagt:

    Ganz toll geschrieben. Liest sich genüsslich weg…
    Warte auf mehr.

  2. Angelina sagt:

    Ach ihr Lieben!
    Ich bin ganz bei euch …. bin total aufgeregt und möchte mehr erfahren mit der Hoffnung dass eure Geschichte uns Kraft gibt damit wir nun auch diesen Sprung in die Freiheit erleben!
    Hier, in Hamburg fühle ich mich eher wie im Gefängnis…und die Kinder, alle Kinder tun mir leid – weil sie keine Kindheit haben.

    Ich umarme euch ganz herzlich. ❤

    • Vivian sagt:

      Danke Angelina für dein positives Feedback. Man ist leider in einem ziemlichen Zwang, wenn man in D freier leben möchte. Für uns ist das nichts mehr..
      Ich bin auch ziemlich aufgeregt, da noch so viel kommen wird… Wir haben so viel vor, aber eins nach dem anderen ?
      Drück dich, Vivian

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